Zeitzeuge Ernst Grube an der Berufsschule Neumarkt

"In Litauen gibt es keine Juden mehr"

"Ich kann heute feststellen, dass das Ziel, das Judenproblem für Litauen zu lösen, vom Einsatzkommando 3 erreicht worden ist. In Litauen gibt es keine Juden mehr." Karl Jäger, SS-Standartenführer, Kommandant des EK3 in Litauen in seinem Bericht vom 01.12.1941.

Ernst Grube, Jahrgang 1932, ist einer der letzten, der aus eigener Erfahrung von der Vernichtung der europäischen Juden erzählen kann. Bei seinem Vortrag am 10. Juli an unserer Schule zeigte er diesen Bericht von Karl Jäger:

"Insgesamt 99.804 ermordete Juden auf Seite 5, der ganze Bericht hat 10 Seiten."

Es geht Herrn Grube in seinen Schilderungen aber nicht um Zahlen, das betont er mehrmals, sondern um die Ideologie, die Ausgrenzung und die Minderwertigkeit von Menschen, die heute wieder von Neonazis propagiert wird. Es liegt ihm viel daran, die Zusammenhänge zur heutigen Situation zu benennen. Die Grenzen des Rechts auf freie Meinungsäußerung sieht er da, wo Inhalte zu Rassismus und Gewalt führen können.

In seinem Vortag gelingt es ihm dabei immer wieder, Vergangenes mit Gegenwärtigem zu verbinden, ohne dass man den Faden verliert.

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Beginnend mit dem Jahr 1938, in dem seine Familie von den Nazis aus ihrer Wohnung vertrieben wurde, zeichnet er die Geschichte seiner Familie am eigenen Schicksal nach. Am 08. November kam er im Alter von 6 Jahren mit seinen Geschwistern in ein jüdisches Kinderheim. In der folgenden Nacht, der Reichsprogromnacht, in der über 1.400 Synagogen und tausende Geschäfte und Wohnungen in Deutschland durch die Nazis verwüstet wurden, wurden die letzten Illusionen jüdischer Mitbürger über die Absichten der Nationalsozialisten zerstört. Herr Grube berichtete, dass er als jüdisches Kind in der folgenden Zeit, wenn sie das Kinderheim verließen, bespuckt und beschimpft wurde und er diese Ausgrenzung nur durch die Gemeinschaft im Heim ertragen habe.

Im November 1941 begannen die ersten Deportationen jüdischer Mitbürger, die bis dahin so viel Diskriminierendes erlebt hatten, dass bei vielen der psychische und physische Widerstand zerstört war.

Herr Grube verdeutlicht selbst Erlebtes durch das Zeigen seiner damaligen Kennkarte, mit der er sich bei jeder Kontrolle als Jude "outen" musste. Dazu musste er den Judenstern tragen, als Ausdruck täglicher Diskriminierung.

In diesem November wurden auch 23 Kinder aus dem Münchner Kinderheim nach einem 5 tägigen Transport nach Litauen in Kaunas ermordet. Danach war " ...das Kinderheim halbleer, nicht halbvoll." Der Eindruck der dann folgenden, weiteren Transporte von Juden aus München in die Konzentrationslager war immer gegenwärtig. "Das war ein Geschehen, was man nicht verdrängen darf. Geschehenes verpflichtet uns aufmerksam zu sein. Wir müssen Dinge kritisieren."

Herr Grube hebt die Wichtigkeit seines nicht jüdischen Vaters, der sich trotz ernormen Drucks nicht scheiden ließ, für den Fortbestand seiner Kernfamilie hervor. Dieses Glück hatten die Schwestern seiner jüdischen Mutter, die alle mit jüdischen Männern verheiratet waren leider nicht. Sie wurden deportiert und ermordet.

1943 konnte Ernst Grube mit seinen Geschwistern dann endlich zu seinen Eltern zurück. Der weitere Weg der Familie führte ins Konzentrationslager Theresienstadt, das als eine Art "Vorzeigelager" für das Rote Kreuz und die Weltöffentlichkeit geführt wurde.

Ganz deutlich macht Herr Grube die Angst, die er als Kind damals hatte, mit der Frage "...was haben die mit uns vor?" die ihn in der Lagersituation ständig begleitete.

Die Befreiung durch die Rote Armee bzw. die Alliierten erlebte er am 08. Mai 1945 als Sieg der Menschlichkeit.

Bei einer Erinnerungsreise, die Ernst Grube im Jahr 2011 wieder an diese Orte führte, wurde ihm die emotionale Seite seiner eigenen Erzählungen sehr bewusst.

In seinem Schlusswort betonte Herr Grube die Wichtigkeit, sich gegen Angriffe gegenüber Minderheiten zu wehren und diesen Leuten aktiv zu helfen, in die Mehrheitsgesellschaft zu kommen. Man müsse darüber sprechen, nur so können man Widersprüche aufdecken.

Im Anschluss fragten die Schüler nach dem Bewusstsein der deutschen Bevölkerung angesichts dieser Verbrechen, ob ihn diese Zeit noch sehr beschäftige und nach dem Alltag im KZ.

Auf die Frage eines Schülers, ob er mit Deutschland wieder Frieden schließen konnte, antwortete Herr Grube dass er mit Deutschland nie im Krieg war. Das Wichtigste in den Nachkriegsjahren war für ihn den Wunsch nach Gemeinschaft, der so lange unerfüllt geblieben war, mit dem Besuch der Schule, die er eigentlich erst ab der 6. Klasse besuchen konnte, zu erfüllen . Er habe keinen Hass gefühlt.

Herzlichen Dank an Herrn Grube, der sich als Stellvertretender Vorsitzender der Lagergemeinschaft Dachau e.V. und in der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten engagiert, für das Erzählen seiner beeindruckenden Lebensgeschichte.

Das war sicher ein Lebensbericht, der den Schülern und Lehrern noch lange in Erinnerung bleiben wird.Herr GrubeBegleitet wurde dieser Vortrag von der Ausstellung "ENDSTATION VERNICHTUNG" die im Erdgeschoß der Berufsschule für 2 Wochen zum Besuch einlud. Die Ausstellung ist in ihrer Konzeption grundlegend an einer Klärung der Rolle der Deutschen Reichsbahn im 3. Reich interessiert. Sie umfasst eine Vielzahl von Texten und Fotografien, die Fakten und Augenzeugenberichte des Geschehenen vermitteln.

Vielen Dank auch an Herrn Schmid von der Arbeit und Leben Bayern gGmbH, der den Kontakt zu Herrn Grube hergestellt hat und die Ausstellungsplakate zur Verfügung stellte.

Karl Jäger, der SS Standartenführer lebte übrigens wie viele andere Nazitäter auch, unbehelligt bis April 1959 in der Nähe von Heidelberg. Vor Gericht wurde Jäger nicht gestellt, da er sich während der Untersuchungshaft im Gefängnis am 22. Juni 1959 im Alter von 70 Jahren selbst erhängte.

Trappe
Sozialkundefachbetreuer

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Studientag im Bayerischen Landtag

Berufsschule Neumarkt beim Studientag Israel im Bayerischen Landtag

Vier angehende Bankkaufleute der Berufsschule Neumarkt (Theresa Wolfsteiner, Barbara Boegerl, Stefan Closmann, Daniel Forster) haben am Dienstag, 19. März an einer Premiere im Bayerischen Landtag teilgenommen.

Möglich war das, weil die beteiligten Arbeitgeber, Raiffeisenbanken aus dem Großraum Neumarkt, ihre Auszubildenden für diese Veranstaltung von der Arbeit freistellten.

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Begrüßt wurden wir von Frau Barbara Stamm, Präsidentin des Bayerischen Landtags, die darauf hinwies, dass sie sehr erfreut über die Fülle von Anmeldungen aus bayerischen Schulen gewesen sei, gleichzeitig aber zwei Drittel der Anmeldungen aus Platzgründen ablehnen musste, was ihr sehr leid tat.

Thementag Israel, das bedeute vor allem den Versuch einer Annäherung auf zwischenmenschlicher Ebene, über mögliche Vorurteile hinweg, um sich der Perspektive des jeweils Anderen nähern zu können.

Ein kleiner Baustein dazu war der Fachvortrag der Leiterin der Abteilung Holocauststudien der Gedenkstätte Yad Vashem, Frau Dr. Noa Mkayton, die in ihrem Referat die Wichtigkeit betonte, die Biographien der Holocaustopfer zu bewahren, um so über personalisierte Geschichte einen besseren Zugang zu jüdischer Vergangenheit und Zukunft für die nachfolgenden Generationen zu ermöglichen.

Einen ganz anderen Aspekt stellte Herr Martin Wagner, langjähriger Nahost-Experte und Korrespondent der ARD in den Vordergrund seines bisweilen kurzweiligen Referats. Er sprach über sein Leben als Korrespondent in Israel, seine Erfahrungen mit den Einwohnern Israels im Alltag und über seine Tochter, die in Israel geboren wurde und schon deshalb eine besondere Beziehung zu diesem Land habe. Wenn er den durchschnittlichen Israeli charakterisieren solle, so sei das ein Mensch, der hinter ihm in eine Drehtür reingehe, aber vor ihm wieder rauskomme. Wie er das mache, sei ihm bis heute ein Rätsel.

Nach diesen Vorträgen hatten wir die Möglichkeit, an verschiedenen Workshops teilzunehmen. Im ersten Workshop ging es um "Israel als Lernfeld in der schulischen Bildung". Durch die Veranstaltung im Plenarsaal des Bayerischen Landtages führte ein Mitarbeiter der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit.

Im zweiten Workshop präsentierten verschiedene Schulen ihre Erfahrung mit einem deutsch-israelischen Schüleraustausch. Besonders interessant wurde die Veranstaltung durch die Anwesenheit einer israelischen Schülergruppe, die sich gerade im Rahmen des Schüleraustausches in Deutschland aufhielt.

Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Stehempfang, bei dem sich der Generalkonsul des Staates Israel, Herr Tibor Shalev-Schlosser, hocherfreut über die vielen menschlichen Begegnungen dieses Tages zeigte und sich die Fortsetzung dieser Veranstaltung wünschte.

Eine deutsch-israelische Zusammenarbeit stelltendie anschließenden Volkstänze.dar Der ehemalige "Biermösl-Blosn"- Musiker Michael Well schaffte es sofort, unsere 4 Berufsschüler zum Tanz zu animieren und so ging es ziemlich bayerisch/israelisch beschwingt zu, bis wir uns dann gegen 19:00 Uhr auf den Heimweg machten.

Vielleicht kann man diesen inhaltlich und zwischenmenschlich sehr interessanten Tag auch bayerisch zusammenfassen:

Aus is, und gor is, und schod is.

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