Sozialkunde Jahresbericht 2022/2023

„Wir haben eine politische Generation, die heranwächst!“

Es ist ein Kennzeichen unserer vernetzten Welt, dass ein Ereignis irgendwo auf der Welt enorme Auswirkungen auf Menschen auf einem ganz anderen Kontinent haben kann. Wer hätte 2019 gedacht, wegen eines Marktes im chinesischen Wuhan einmal sehr viel Zeit im eigenen Wohnzimmer verbringen zu müssen.

Doch hier soll es nicht schon wieder um das Coronavirus gehen, sondern um die Ängste und Sorgen der Generation, die ihre Berufsausbildung an unserer Schule absolviert und der wir Lehrer neben der Vermittlung fachtheoretischer Inhalte auch allgemeinbildende Inhalte mit auf den Weg geben wollen.

Um ein mündiger Staatsbürger zu werden ist es unerlässlich, sich in gesellschaftliche Fragestellungen „einmischen“ zu wollen und zu können. Das lässt sich aber nur mit entsprechendem Wissen um gesellschaftliche Zusammenhänge erfolgreich bewältigen. Antworten auf Krisen findet nur jemand, der in der Lage ist, in demokratischen Prozessen verantwortungsvoll zu handeln. Hier versuchen wir im Fach „Politik und Gesellschaft“ strukturelle Grundlagen zu legen, um mit dem notwendigen Wissen eigene politische Vorstellungen artikulieren zu können.

Es ist keine Schwäche, sondern eine Stärke unserer Demokratie, dass um die Ergebnisse dieser Handlungsabwägungen gerungen und dass immer neu geprüft werden muss, ob alle ergriffenen Maßnahmen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen und vor der Zentralnorm des Schutzes der Menschenwürde (aller Menschen, auch außerhalb der eigenen Grenzen) und der gerechten Lastenverteilung Bestand haben können.

Demokratie ist nicht etwas, auf das wir Anspruch haben, sondern etwas, das in Anspruch nimmt. Demokratie ist also eine Zumutung, weil sie andauernder, emphatischer Zuwendung bedarf.

Sie, die Demokratie, lebt auch im schulischen Bereich von Teilnahme und Teilhabe, von Verpflichtung und Verantwortung. Viel bequemer ist es natürlich, wenn ein vermeintlich starker Mann durchregiert, wenn man sich nicht allzu viele Gedanken machen muss. Ein Rückzug auf konfliktfreie Bereiche, eine Bedingung für ein ruhiges, angenehmes Leben, ist eine Entpolitisierung der Schulgemeinschaft, dies gilt erst recht für eine Arbeitnehmervertretung.

Mit dem Versprechen einer radikalen Reduktion von Komplexität locken die Feinde der Demokratie. Sie locken mit Unfreiheit, mit einfachen Antworten und einem vermeintlichen „sich schon kümmern“ um die schwierigen Fragen.

Streit, bzw. Auseinandersetzung ist aber konstitutiv für Erkenntnis - auch in der Schule – für das Ringen darum, wie es Wilhelm von Humboldt einmal ausgedrückt hat, etwas zu finden, das sich nie ganz auffinden lässt.

Neben den aktuellen Krisen, wie dem Krieg in Europa, der uns unmittelbar betrifft, ist es eine seit Jahren bekannte und leider ungelöste Klimakrise, die uns und unsere jugendlichen Schüler momentan schon deutlich und in Zukunft noch in viel stärkerem Maße betreffen wird.

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Bild: Pixabay

Ausdruck findet diese Krise u.a. in den Aktivitäten der oftmals abwertend als „Klimakleber“ bezeichneten Gruppe „Letzte Generation“. Auch wenn die teils radikalen Aktionsformen, die manchmal die Straftatbestände der Nötigung bzw. Sachbeschädigung erfüllen, selten breite gesellschaftliche Zustimmung finden, lässt die Radikalität der Aktionen, bei der die Aktivisten strafrechtliche Konsequenzen für sich in Kauf nehmen, auf die subjektive Ernsthaftigkeit ihres Anliegens schließen.

Unabhängig davon oder gerade wegen vieler ähnlicher, weniger radikaler Aktionen in der Vergangenheit hat sich die Dringlichkeit notwendiger gesellschaftlicher Veränderungen im Bewusstsein der meisten Deutschen und erst recht bei vielen Jugendlichen festgesetzt. Da Tier-, Umwelt- und Klimaschutzthemen in den letzten Jahren in den Familien und auch in den Schulen zunehmend thematisiert werden, ist das eine nachvollziehbare Entwicklung. Dieses „neue“ Bewusstsein zeigt sich auch in der Überzeugung immer mehr Jugendlicher, sich vegetarisch/vegan zu ernähren, um damit dazu beizutragen, das Töten von Tieren zu vermeiden und gleichzeitig einen geringeren CO2-Fußabdruck zu hinterlassen.

Für die schnelle Erwärmung der Erde, wie wir sie derzeit erleben, sind mehrere Faktoren verantwortlich. Doch vor allem setzt dabei das CO2 dem Klima zu.

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Bild: Pixabay

Um den CO2 - Ausstoß wirksam zu verringern, müssen wir uns in Zukunft davon lösen, fossile Energien zu verfeuern und wir müssen umweltgerechter produzieren, weniger transportieren, weniger CO2-schädlich reisen – und dabei hoffen, dass die Erderwärmung in einem beherrschbaren Rahmen bleibt. Dabei erfordert dieses Wunder im Gegensatz zu religiösen Wundern aber Taten. Es reicht nicht, wenn man nur daran glaubt, man muss handeln.

Die G20-Länder, darunter Deutschland, verursachen aktuell ungefähr 80 Prozent der globalen Emissionen. Mit seinen hohen historischen Emissionen insbesondere seit der industriellen Revolution und als ehemalige Kolonialmacht trägt Deutschland eine besondere Verantwortung als einer der Mitverursacher der Klimakrise. Daher muss Deutschland bei der Reduzierung von Treibhausgasemissionen vorangehen und stark betroffene Länder dabei unterstützen, Klimaschutzziele zu erreichen und sich an die Klimakrise anzupassen.

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Bild: Dr. Klaus Uwe Gerhardt_pixelio.de

»Macht euch die Erde untertan«: Vor rund 3000 Jahren legte ein unbekannter Autor seinem vermeintlichen Schöpfer diesen Satz in den Mund. Damit war die Idee geboren, dass der Mensch eine Sonderstellung auf der Erde einnimmt und deren Ressourcen rücksichtslos ausbeuten darf.

In seiner Universalgeschichte der Umwelt erzählt der Schriftsteller Philipp Blom in seinem Buch „Die Unterwerfung: Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur“ die Geschichte der Unterwerfung der Natur, deren Konsequenzen die Menschheit heute an den Rand des Abgrunds führt. Am Beginn des 21. Jahrhunderts muss der Mensch wohl einsehen, dass: „… der Homo sapiens kein besonders wichtiger Organismus ist, der das Schicksal seines Heimatplaneten nur vorübergehend beeinflusst, davor und danach regieren die Mikroben, für die Säugetiere wenig mehr sind als Trägerorganismen.“

Diese Schlussfolgerung zu akzeptieren, dürfte uns als an Illusionen gewöhnte Spezies sehr schwerfallen. Aber es bleibt noch „Hoffnung“: „Die Selbsttäuschung beherrscht der Mensch noch sicherer als die Lüge.“ (Fjodor Dostojewski)

Bis zum Verschwinden der Menschheit bleibt aber noch viel zu tun, zum Beispiel diesen Artikel für den Jahresbericht zu schreiben, der ja auch einen Überblick über das vergangene Schuljahr, insbesondere über das sozialkundliche Geschehen an unserer Schule geben will und nicht Weltuntergangsstimmung verbreiten möchte.

  • DGB-Jugendtour

Im März besuchte uns die Deutsche Gewerkschaftsjugend, um junge ArbeitnehmerInnen und Ausbildungsplatzsuchende vor Ort über ihre Rechte in der Ausbildung zu informieren. Der Ansatz „Jugend für Jugend“ senkte dabei die Hemmungen der SchülerInnen, mit den DGB-Vertretern zu diskutieren. Erleichtert wurde der Zugang durch gemischtgeschlechtliche DGB-Teams, da sich die SchülerInnen häufig geschlechtsspezifisch identifizieren.

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  • Schulkinowoche

Die SchulKinoWoche Bayern verwandelte Kinosäle des Cineplex in Neumarkt in Klassenzimmer. Der Kinobesuch mit der Klasse stand dabei nicht nur für das gemeinschaftliche Erleben eines Films, sondern auch für das Entdecken des Kinos als Kulturort. Mehrere Klassen nutzten die Gelegenheit, bewegte Bilder zu sozialpolitischen Themen zu „lesen“, also zu entschlüsseln und zu hinterfragen.

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  • Lernort Staatsregierung

Der Informationstag "Lernort Staatsregierung" gab den Schülerinnen und Schülern der Klasse WBA 11 im April die Möglichkeit, sich vor Ort über die Aufgaben und Arbeitsweisen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege in Nürnberg zu informieren. Die Jugendlichen konnten „vor Ort“ einen Einblick bekommen, wo Politik gemacht wird und wie der politische Entscheidungsprozess abläuft.

 

  • Weltflüchtlingstag (Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage)

In der Woche vom 19. Juni bis 23. Juni fanden verschiedene Veranstaltungen im Rahmen des Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ statt. Öffentlichkeitswirksamster Teil dieser Veranstaltungswoche war sicher der „Flashmob“ auf dem LGA-Gelände, an dem auch andere Neumarkter Schule teilnahmen.

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 Bild: Robert Bergemann

Daneben gab es am Beruflichen Schulzentrum verschiedene Workshops des DoKuPäds Nürnberg, eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung Regensburg, Filme zum Thema und Vorträge, die von vielen Schülern besucht wurden. Allen Beteiligten herzlichen Dank für das große Engagement!

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Bild: Pixabay

  • Ausstellung „Organspende schenkt Leben“

Die Ausstellung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, die bei uns im Juli in der Eingangshalle gezeigt wurde, wollte vor allem auf folgende Punkte zur Organspende eingehen:

    • Meilensteine der Transplantationsmedizin
    • Informationen zur Lebendspende,
    • die Darstellung des Ablaufs einer postmortalen Organspende,
    • Zahlen und Fakten zur Organspende,
    • allgemeine Informationen zum Organspendeausweis.

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Bild: Pixabay

Parallel dazu fand eine Typisierungsaktion der DKMS, organisiert von Frau Sozialpädagogin Stella Cwik, statt.

Vielen Dank allen aktiven Mitgliedern der Lehrerschaft für die Bereitschaft und den Willen, das Wissen über Politik und Gesellschaft ein klein wenig zu stärken. Vielen Dank auch an die vielen Schüler, die sich aktiv für das sozialkundliche Geschehen an unserer Schule interessieren.

Thomas Trappe, StD

Fachbetreuer Politik und Gesellschaft (PuG)

 

PS: Hinweise eines Lehrers (Geburtsjahr: letztes Jahrhundert) an seine Kollegen zur politisch un-korrekten Kommunikation im Unterricht:

In vielen Klassen sind seit ein paar Jahren jeweils drei neue Mitschüler ohne Nachnamen, die nicht auf Klassenlisten auftauchen, sie heißen Alder, Digga und Bro.

Sätze enden nicht mehr mit einem Satzzeichen, sondern mit der Erwähnung dieser neuen Mitschüler. „Vallah!“

Lehrer werden mit „... was geht?“ begrüßt, unangenehme Arbeitsanweisungen sind „voll behindert“ aber sonst ist alles „stabil“. Sicher „Digga“!

Ich glaube, ich bin „lost“! „Mashallah“!

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